Neben dem Rindsleder besteht auch die Möglichkeit Produkte aus Kalbsleder zu erwerben. Von Kälbern wird dann gesprochen, wenn die Tiere nicht das erste Lebensjahr abgeschlossen und ein Gewicht von unter 150kg haben. Außerdem wurden die Tiere in der Zeit des Heranwachsens zum großen Teil ausschließlich mit Milch ernährt. Sollte ein Jungtier mit dem Körpergewicht die Marke von 150kg überschritten, aber noch nicht das erste Lebensjahr vollendet haben, so wird es als „Jungrind“ bezeichnet. Das Leder der Jungrinder wird im Englischen „kipskin“ genannt.

Was macht das Kalbsleder so besonders?

Das Leder der Kälber, unabhängig vom Geschlecht, weist eine feinere Narbung auf als das Leder von älteren Tieren. Es ist in seiner Struktur gleichmäßig und feiner. Das Material stammt für gewöhnlich von südamerikanischen oder europäischen Tieren und gilt als qualitativ mit am hochwertigsten von den Lederarten.

Unter Gerbern wird das Leder der Kälber gerne als >„Fell“< und das der Rinder als „Haut“ bezeichnet. Ein „Fell“ wiegt ungefähr 12kg und umfasst eine Größenordnung von 0,7 bis 1,7m². Die einzige Unterscheidung liegt an dem bei den Kälbern vorhandene feinere Narbenbild, was an den näher aneinander stehenden Haarporen liegt. Diese eng beieinander liegenden Haarporen sind darauf zurückzuführen, dass deren Anzahl das gesamte Tierleben über gleich bleibt. Mit dem Älterwerden verteilen sich diese Haarporen allerdings über einer größeren Fläche im Vergleich zu den Kälbern, die ein geringeres Hautvolumen aufweisen. Kälber haben somit drei bis dreieinhalb mal so viele Poren auf der Fläche als die älteren Rinder. Dadurch entsteht letztendlich ein Leder, welches im Vergleich zu Rindsleder glatter, feiner und gleichmäßiger ist. Die Reißfestigkeit hat bei Kälbern mindestens die gleiche Stärke, wenn diese nicht sogar noch qualitativ höher liegt.

Besonders bei jungen Kälbern ist das Leder sehr flexibel, sodass es sogar geknittert werden kann, ohne das ein Schaden entsteht. Je älter das Kalb ist, desto weniger flexibel ist das Material. Teilweise ist es sogar recht hart und anfällig für Faltenbildung. Dieses Leder wird regulär eher für preiswertere Schuhe verwendet.

Welche glatte Lederarten letztendlich entstehen, entscheidet sich anhand der feinen Narben. Gerne wird das Leder bei intaktem Narben mit Anilin gefärbt, damit das feine Narbenbild gut sichtbar bleibt.

Hinsichtlich der Lederverarbeitung können alle Techniken und Prozesse zum Einsatz kommen, ohne dass das „Fell“ Schaden erleidet. Als Gerbverfahren sind bei einigen Herstellern entweder die Chrom- oder Pflanzengerbung in Gebrauch.

Weitere Faktoren, die das Material beeinflussen können

Ein wichtiger Faktor, der die Qualität des Leders ebenfalls beeinflusst, ist die Art der Tierhaltung: Die Tiere, die den Großteil ihres Lebens eine entspannte und ruhige Zeit auf offenen Wiesen verbracht haben und als wohlgenährt gelten, weisen die besten Ledereigenschaften auf.
Auch die >Hautschicht<, aus der das Material gewonnen wird, spielt eine entscheidende Rolle. Die teuerste Variante ist das full-grain-Leder, welches aus der obersten Hautschicht gewonnen wird. Dieses Leder wird nicht angepasst oder poliert. Die Hautschicht enthält Poren, die besonders luftdurchlässig sind und für einen angenehmen Griff und besonderen Tragekomfort sorgen. Zudem hält es sehr lange. Das top-grain-Leder ist ebenfalls ein Leder aus der obersten Hautschicht, welches allerdings einige Defekte aufweist und poliert oder bearbeitet werden muss. Als kostengünstigere Varianten bleibt das Split: Es wird aus der untersten Hautschicht hergestellt. Diese Kalbslederart wird entweder für Wildleder oder die Lederart corrected-grain genutzt.

Wie wird denn nun das Kalbsleder gefärbt?

Die edelste Variante ist das >Anilinleder:< Das Leder wird mit dem Farbstoff durchdrungen, wobei die Poren des Materials allerdings nicht verstopfen. Das Leder erhält eine intensive Farbgebung und eine eigene Patina. Bei dem Semianilinleder wird das Material zwar ebenfalls durchgefärbt, erhält im Nachgang allerdings eine Schutzschicht von Farbstoffen auf Pigmentbasis. Diese sorgen dafür, dass das Leder widerstandsfähiger wird und seine ursprüngliche Optik längerfristig beibehält.

Ist ein sehr langlebiges Leder in einem weniger edlen Design gewünscht, besteht die Möglichkeit das Material vollständig mit einer Farbschicht zu überziehen, sprich es zu pigmentieren.

Und welche Nachteile hat Kalbsleder nun?

Viele Nachteile gibt es bei Kalbsleder nicht, da es zu den robustesten Lederarten gehört und dabei noch das Rindsleder übertrifft. Zudem gibt es viele verschiedene Variationsmöglichkeiten des Materials, bedingt durch Gerb- und Färbungsverfahren. Allerdings bleibt festzuhalten: Egal welche Variante gewählt und kombiniert wird, ein Nachteil bleibt der im Vergleich zu anderen Lederarten verhältnismäßig hohe Preis.